VOM ANFANG BIS 1950

Die Jahre 1891 - 1918

Nach dem Jahre 1867 hat sich die Gesellschaft in Ungarn mehr für die höhere Ausbildung der Mädchen interessiert. Es wurde über die Möglichkeit der Bildung für Mädchen nachgedacht. Die Mädchen sollten nicht nur die Volksschulen, sondern so wie die Jungen, auch die Mittelschulen besuchen. Es wurde auch verlangt, daß die Mädchen eine ausreichende Ausbildung als Hausfrauen und Mütter erreichen können.

Über das Funktionieren des Mädchenbildungsinstitutes gibt es aus dem Jahre 1862 mehrere Angaben. Die Mädchen hatten Gelegenheit, sich mit Handarbeiten, Hausarbeiten, Musik und Fremdsprachen (Deutsch, Französisch) zu beschäftigen.

Von 1885 bis 1887 gab es in Košice noch ein Institut für Mädchen, etwas wie eine Realschule, das Institut der Axmanner Schwestern. Im Kloster der Ursulinen wurde 1904 eine Wirtschaftsschule gegründet, die bis 1918 von der Stadt finanziell unterstützt wurde. Die Mädchen konnten in dieser Anstalt außer theoretischen auch praktische Kenntnisse in Gärtnerei, Zucht von Haustieren, Bienenzucht und in der Weberei erwerben.

Zuerst waren nur die Bürgerschulen, die nach dem Schulgesetz von 1868 und später vom Minister A. Trefort im Jahre 1874 in Städten oder in Gemeinden gegründet wurden, verbreitet.

Den ersten Vorschlag für das Bildungssystem der Mädchen auf einem Mittelschulniveau hat A. Molnar ausgearbeitet. 1875 gründete A. Trefort die erste Mädchenschule in Budapest nach einer Studienreise nach Wien und nach Graz. Im Jahre 1876 entstanden nach diesem Muster die Schulen in Trencín, Sopron, Levoca, Bratislava, Kluž, Maroscher Sihot und Banská Bystrica. Diese waren unvollständig, ohne Abitur und ohne Möglichkeit sich um das Universitätsstudium zu bewerben. Es ist interessant, daß die Mädchen im 19. Jahrhundert auch ohne Abitur Lehrerinnen wurden und unterrichten konnten. In diesen Jahren verlangte die Gesellschaft die Gleichberechtigung der Mädchen (das Abitur oder das Studium an der Universität). Diese Anforderung wurde erfüllt, als der Schulminister im Jahre 1895 den Mädchen das Abitur an gewöhnlichen staatlichen Mittelschulen abzulegen erlaubte. Das war im Rahmen des von Schulgesetzen festgestellten Lehrstoffes. Mit dieser Anordnung bewilligte der König auf Vorschlag des Ministers J. Wlassisch den Frauen an den Universitäten zu studieren. Die Frauen konnten Ärztinnen, Apothekerinnen und Lehrerinnen werden.

Der berühmteste Košicer Pädagoge, der sich der Idee der Bildung der Mädchen widmete, war Gustav Möszel. Er publizierte mehrere Studien über die Organisation solcher Schulen, und auch über den Lehrplan und den Inhalt der Lehrfächer. Dank eines Memorandums entstand 1883 in Košice die Höhere Mädchenschule, die nach dem Budapester Muster aussehen sollte. Nur die Stadt sollte für die Schule ein passendes Gebäude finden. Das Schulministerium versprach, diese Anforderung der Stadt zu unterstützen. Die Verhandlungen dauerten 9 Jahre. Nach dem Jahre 1891 entstand eine Bürgerschule für Jungen mit einer Abteilung für Mädchen. Im Schuljahr 1891/92 hatte die Schule keinen Direktor und sie wurde von F. Malaszt provisorisch geleitet. Das Ministerium erhöhte die Zahl der Pädagogen für Biologie, Chemie, Erdkunde, für Deutsch, Französisch, Geschichte, für Mathematik, Physik, für Zeichnen, Handarbeiten und Schönschrift. Die erste Schulleiterin war Anna Lakosová-Cassegyová. Am 27. September 1891 erhielt sie die Beauftragung des Schulministeriums. Am 10. September hat der Unterricht angefangen. Vieles wurde das ganze Jahr hindurch in der Schule umgewandelt und umgebaut. Im Januar 1892 fand die offizielle Ernennung der Lehrer statt, und am 24. Februar 1892 hat der Staat die Verantwortung für die Schule übernommen. Auch später hatte die Schule einige Schwierigkeiten mit dem Unterrichtsprozeß.

Die Schule befand sich in der Hauptstraße, im Gebäude des sog. Schwarzen Adlers („Cierny Orol“), das 1782 gebaut wurde. Heutzutage gehört es zu den Kulturdenkmälern der Stadt Košice. Der Aufbau des neuen Schulgebäudes war wirklich dringend. Das Schulministerium schickte im März 1892 den Baumeister J. Pártos zur Begutachtung eines Grundstückes für den Bau einer Schule. Er wollte die Gesamtzahl der Räume und der Klassen für die Mädchen beurteilen. Das Ziel war, den Neubau schon im September 1894 im Gebrauch zu haben. Die Verantwortung für den Aufbau übergab man den Baumeistern von Košice, den Brüdern A. und G. Jakab. Der Aufbau dauerte aber zwei Jahre länger, als es vorausgesetzt wurde. Den Unterricht im Gebäude ,,Cierny Orol” (Schwarzer Adler) beendete man im Juni 1896. Am Anfang des Schuljahres 1896/97 wurden feierlich, vom Schulminister J. Wlassicsa die neuen Gebäuden der Bürgerschule und der Höheren Mädchenschule in der jetzigen Moyzes-Straße übergeben. Das große elegante Stilgebäude wurde in der damaligen Zeit für sehr luxuriös gehalten. Der Höheren Mädchenschule fiel der ganze nördliche Gebäudekomplex zuteil. Das zweite Geschoß diente dem Zweck des Mädcheninternats. Zu diesem Teil des Gebäudes wurde noch eine Turnhalle und ein Hof angegliedert. Der Unterricht in diesem neuen Gebäude verlief nach den Organisationsregeln und nach den Lehrplänen aller Höheren Mädchenschulen in Ungarn. Während der ersten Jahren kämpfte die Schule mit mehreren Schwierigkeiten. Im Jahre 1897 genehmigte der Minister für Schulwesen, in diesem Gebäude ein Mädcheninternat für 40 Schülerinnen einzurichten. Die ersten Jahre der Internatsexistenz brachten mehrere Disziplinarprobleme mit sich, die auch von ungenügender Zusammenarbeit mit den Eltern begleitet wurden. Die Mädchen, die erfolgreich die 6. Klasse der Höheren Mädchenschule absolviert hatten, konnten, nach dem Beschluß des Ministers, in der Lehreranstalt weiter studieren. Im Rahmen der Erziehungslehre hatten sie schon in der 6. Klasse Praxis in der Ortsvolksschule, im Kinderheim und in der Kinderkrippe. Die höhere Mädchenschule wurde von der Stadtgesellschaft für mehr als nur eine Bürgerschule gehalten, sie wurde fast als Gymnasium betrachtet.

Diese Schule erregte trotz des hohen Schulgeldes, das außer dem Einschreibegeld im Schuljahr 1899/1900 sechzig Kronen ausmachte, große Aufmerksamkeit. In der Stadtzeitung lesen wir über die Unzufriedenheit der Öffentlichkeit, denn die Schule sei nur für aus reichen Familien stammenden Mädchen zugänglich. Wegen des großen Interesses für die Schule wurden im Schuljahr 1892/93 einige Parallelklassen geschaffen. Der Unterricht enthielt 26-28 Stunden pro Woche und die Schülerinnen hatten 12-13 Unterrichtsfächer. Die häufigsten Lehrfächer des Unterrichtsplanes waren außer zwei Fremdsprachen noch Mathematik, Naturwissenschaft (Physik, Chemie, Biologie), Zeichnen in der Natur, Stilistik und Ästhetik des Schreibens, Singen, Handarbeiten und Religion. Es wurde auch Benehmen und Fleiß klassifiziert. Die Klassenkataloge mit den Personalangaben und den Noten der Schüler sind beispielhaft ausgeführt und archiviert. Die Gesamtzahl der Schülerinnen erhöhte sich von der Schulentstehung bis zum Jahre 1910 auf 300 und kurz danach auf 350 Mädchen im Durchschnitt. Im Schuljahr 1916/1917 hat sich die Schulorganisation geändert. Die Zahl der Schülerinnen stieg auf 411, und die Schule wurde zur Mittelschule für Mädchen - zu einer Handelsakademie. Nach der Gründung des Schulinternats erhöhte sich die Zahl der vom Lande kommenden Mädchen im Jahresdurchschnitt auf 100. Die Sozialstruktur der Schülerinnen war ungleichartig. Aus Grundbesitzerfamilien stammten etwa 5%, aus Kaufleute- und Beamtenfamilien etwa 40%. Handwerker- und Intelligenzfamilien waren mit je 15% vertreten. Aus den Familien der Diener oder der Arbeiter schrieben sich jährlich im Durchschnitt 10 Mädchen ein. Die Mädchen gehörten meistens zu zwei Nationalitätsgruppen. Die größere Gruppe meldete sich überwiegend zur ungarischen Nationalität und die andere Gruppe, 20% der Schülerinnen, zur deutschen Nationalität.

Ungünstig beeinflußten den Unterricht die ständigen Änderungen im Lehrerkollegium. Häufige Erkrankungen der Lehrer, Versetzungen in andere Städte - das alles erschwerte die Arbeitsorganisation der Schule. Die Lehrer aus anderen Košicer Schulen halfen mit der Vertretung. Dieser Zustand war fast für die ganze Zeit der Existenz der Höheren Mädchenschule in Košice typisch.

Das Schulgebäude im Jahre 1901

Eine sehr ausgeprägte Persönlichkeit dieser Schule war Elsa Kolacskovská - eine qualifizierte Lehrerin für Ungarisch und Geschichte. Sie unterrichtete an dieser Schule seit ihrer Gründung. Sie war langfristig Schulleiterin bis zum Oktober 1915, als sie nach 40-jähriger pädagogischer Tätigkeit in den Ruhestand ging. Nach Kolacskovská wurde ins Schulamt Dr. J. Varias eingesetzt, der an dieser Schule nur für ein Jahr tätig war. Zum neuen Schulleiter der Höheren Mädchenschule wurde ab dem Schuljahr 1916/17 Imrich Keller, der wegen der Kriegsjahre und seiner kurzen Tätigkeit die Schule nicht wesentlich beeinflußte.

Die Höhere Mädchenschule sollte zum Gymnasium für Mädchen umgebaut werden, aber in Košice erregte die Frage der Gründung eines Mädchengymnasiums eher Spott als Verständnis. Mit der Koedukation in der Bildung war es ähnlich. Die Schulreform im Jahre 1916 bedeutete eine Änderung für diese Schule, weil sie unter den ersten in Ungarn in eine staatliche Mittelschule für Mädchen umgestaltet wurde. Eine Klasse hatte den Status der Höheren Handelsschule bekommen. Aber die Form der Höheren Handelsschule hatte nur kurze Existenz. Im Jahre 1917 sollte man die Gymnasialsektion an der Mittelschule für Mädchen aufbauen, aber wegen der staatsrechtlichen Änderungen im Jahre 1918 wurde es nicht realisiert. Trotz allen Organisations-, Sach- und Personalschwierigkeiten brachte diese Höhere Mädchenschule einen positiven Wandel in die Bildung der Mädchen in Ungarn ein.